Wie geht es weiter in Afghanistan?

„Die Menschen in Afghanistan sind einfach nur müde“

„Wie geht es weiter in Afghanistan?“ fragte der GRÜNE Kreisverband Aschaffenburg-Land am 10. September in der Kahler Festhalle. Einige Antworten lieferte Margarete Bause, Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90/ DIE GRÜNEN und Sprecherin im Ausschuss für  Menschenrechte & humanitäre Hilfe. Niklas Wagner, unser Direktkandidat für die Bundestagswahl, moderierte den Abend.

Zuvor berichtete der junge Afghane Hafiz, der seit 2015 in Deutschland lebt, wie sich die Lage aus seiner Sicht entwickelt. Er habe große Sorge und könne nicht mehr schlafen: die Internetverbindung, über die er noch Kontakt zu seinen Eltern in Afghanistan habe, werde immer schlechter. Er vermutet, dass die Taliban temporär oder regional das Internet abschalten. Hafiz‘ Eltern befinden sich in einer akuten Bedrohungslage, da er selbst – Hafiz ist studierter Mathematiker – wie auch seine Geschwister für die US-Regierung gearbeitet haben.

Margarete Bause blickte erst einmal zurück: seit Monaten sei den GRÜNEN klar gewesen, dass die Ortskräfte vor dem Abzug der Bundeswehr aus dem Land gebracht hätten werden müssen. Statt dessen wurde die Verantwortung hin und her geschoben, Gefährdungsanzeigen seien nicht anerkannt worden. Es sei „politischer Wille gewesen, so wenig Menschen wie möglich herauszuholen“. Deshalb forderten die GRÜNEN einen Untersuchungsausschuss zur Aufarbeitung, um auch für die Zukunft lernen zu können.

Priorität habe nun der Versuch, weiterhin den zivilen Flughafen in Kabul anzufliegen, um so viele Menschen wie möglich zu retten. Außerdem müsse für humanitäre Hilfe im Land selbst gesorgt werden. Lebensmittelknappheit sei ein riesiges Problem, über drei Millionen Kinder litten akut unter Hunger. Zudem müssten Flüchtlinge in Nachbarländern unterstützt werden. Margarete sagte, man dürfe die Taliban zwar nicht als Regierung anerkennen, müsse aber mit ihnen reden, insbesondere, um auf die Wahrung der Menschenrechte zu pochen. In Deutschland müssten humanitäre Aufnahmeprogramme entwickelt werden, außerdem müsse für die hier lebenden Afghan*innen unbedingt Klarheit für deren Zukunft herrschen und der Abschiebestopp langfristig aufrecht erhalten werden.

Auf die Frage aus dem Publikum, wie Hafiz das Verhältnis seiner Landsleute zu den Taliban einschätze, antwortete dieser, dass er niemanden kenne, der die Taliban unterstütze und glaube, dass ein verschwindend geringer Anteil der Bevölkerung hinter den neuen Herrschern stünde. Margarete ergänzte: „Nach 20 Jahren Krieg in Afghanistan sind die Menschen einfach nur müde!“ Dies dürfe jedoch keinesfalls mit einer Zustimmung zu den Taliban verwechselt werden.

 

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