Fukushima-Mahnwache vor dem Kahler Wasserturm

Die Fukushima-Mahnwache am Sonntag, den 11.März 2018 vor dem Kahler Wasserturm, war gut besucht. Unter den ca. 60 TeilnehmerInnen auch Gäste aus dem benachbarten Hessen.

Anne-Kleine Möllhof von der GRÜNE JUGEND Aschaffenburg und Volker Goll, Direktkandidat für die Landtagswahl im Herbst diesen Jahres.wiesen in ihren Beiträgen auch auf die beabsichtige Erweiterung des Atommülllagers im nahegelegenen Hanau-Wolfgang hin und riefen dazu auf, die Stadt Hanau und ihre BürgerInnen in dem Protest dagegen zu unterstützen.

 

 

Fukushima mahnt
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, Jahr für Jahr – genauer gesagt seit sieben Jahren – treffen wir uns hier am Wasserturm, um an das Schicksal der Menschen in der japanischen Region Fukushima zu erinnern, deren Leben sich am 11. März 2011 binnen kurzer Augenblicke für immer verändert hatte.
Als damals 32 km unter dem Meeresboden ein Erdbeben stattfand, wurde nur 23 Sekunden später das Atomkraftwerk Fukushima-Daiichi davon erschüttert. Und dann – 49 Minuten nach dem Beginn des Erdbebens – treffen Wellen des bis zu 15 Meter hohen Tsunamis auf das Kraftwerk, dessen Schutzmauern nicht mal ein Drittel so hoch sind.
Was danach geschah wird den meisten der hier Anwesenden noch deutlich in Erinnerung sein: Die Kühlung der Reaktoren versagte, die Kernschmelze setzte ein und immer wieder brachen Feuer aus. Ungehindert flossen unzählige Liter radioaktiv verseuchtes Wasser in das angrenzende Meer. Die Strahlung verteilte sich in der Luft und Wasser in hunderten Kilometern Umkreis.
Eine Evakuierungszone wurde eingerichtet, doch diese stellte sich schnell als zu klein heraus. Jeden Tag erreichten die Menschen vor Ort und auf der ganzen Welt neue Schreckensmeldungen, wie etwa die Wasserstoffexplosion, welche Teile von Block 1 wegsprengte. Die Bilder der evakuierten Menschen in Notunterkünften, die alles zurücklassen mussten und durch das Erdbeben und den Tsunami ohnehin schon Verwandte, Freundinnen und Freunde verloren hatten … Diese Bilder vergisst man nicht und sie sollten uns allen eine Mahnung sein.

Die Bundeskanzlerin nannte Fukushima für sich selbst ein „einschneidendes Ereignis“. Kurzzeitig schien es nach der Katastrophe so, als dass ein gesamtgesellschaftliches Umdenken einsetzen würde. Der Atomausstieg wurde in Deutschland endlich beschlossen – Doch wie so oft, hatten Lobby- und Interessenverbände mehr Einfluss, sodass sich ein kompletter Ausstieg aus der Atomkraft nach hinten verschob und der Import von Atomstrom nicht gestoppt worden ist. Zudem sind die beiden Fabriken zur Urananreicherung in Gronau und zur Brennelementeproduktion im niedersächsischen Lingen vom Atomausstieg ausgeklammert, was aktuell ein neues Rechtsgutachten des Bundesumweltministeriums unserer Ansicht nach zu Recht in Frage stellt.
Wenn man bedenkt dass seit Fukushima weltweit 45 Reaktoren neu ans Netz gegangen sind, zeigt das leider auch, dass Profitinteressen stärken sind als alle menschliche Vernunft. Zudem: Mit den Folgen des ungelösten Atommüll-Problems werden noch viele Generationen nach uns belastet sein.

Ganz aktuell erlaubt die japanische Regierung die Rückkehr der Menschen für einige Gebiete und Gemeinden. Doch Greenpeace warnt davor und weist auf die stellenweise Radioaktivität hin, die bis zum Hundertfachen über den Grenzwerten liegt. Bis mindestens im Jahr 2050 und vermutlich sogar bis in das nächste Jahrhundert hinein stellt die Strahlung ein Risiko für die Gesundheit, und somit für das Leben der dort wohnenden Menschen dar.
Kann es sein, dass mit dieser Maßnahme, dieser Rückkehr-Erlaubnis, einfach nur „Normalität“ vorgespielt werden soll? Schließlich sind 2020 die Olympischen Spielen in Japan, da will doch niemand an diese gefährliche Realität erinnert werden!
Doch von Normalität kann noch keine Rede sein. Die Messungen von Greenpeace stehen im krassen Gegensatz zu jenen der Regierung.
Ganz aktuell gehen die Arbeiten am havarierten Kraftwerk nur langsam voran, sodass geschmolzene Stahlträger und das offene Becken mit den Brennstäben nach wie vor sichtbar sind. Sichtbar auch für die vielen Besucher, die in Gruppen das Gelände und die Umgebung besichtigen können und das offenbar auch tun.
Ja, es klingt absurd: Die Betreiberfirma Tepco möchte dieses Besucherinteresse noch steigern und jährlich 20.000 BesucherInnen in Fukushima begrüßen, um die Region wieder an den Tourismus anzuschließen und auch um das eigene Image aufzubessern.
Tepco rechnet übrigens mit Kosten von rund 157 Milliarden Euro – Kosten für die Stilllegung, die Dekontaminierungsarbeiten und für Entschädigungen. In 30 bis 40 Jahren sollen alle Maßnahmen abgeschlossen sein. Eine optimistische Prognose. Und eine, die jegliche Rückschläge nicht mit einbezieht. Denn wann die Erde wieder bebt oder welche Risiken noch drohen – Darüber scheint sich niemand laut zu äußern. Doch jeder von uns wird sich vorstellen können, was die Folgen wären.
Es darf aber nicht erst eine erneute Katastrophe geben, bevor dauerhafte Veränderungen eintreten können. Es klingt banal, ist aber Realität: Wir haben nur diesen einen Planeten. Oder wie es auf unserem Banner heißt: Es gibt keinen Planeten B.
Auch hier in unmittelbarer Nachbarschaft sind wir direkt mit der atomaren Problematik konfrontiert.
Anfang diesen Jahres erlaubte das Verwaltungsgericht Frankfurt der Firma Nuclear Cargo Service (NCS), in Hanau-Wolfgang ein atomares Zwischenlager zu bauen. Die Stadt Hanau wird sich juristisch dagegen wehren. Die NCS, die mittlerweile DNT (Daher Nuclear Technologies) heißt, betreibt im Stadtteil Wolfgang bereits eine Anlage für Atommüll. Es ist doch ein Wahnsinn, im sogenannten „Technologiepark Wolfgang“, mitten im dicht besiedelten Rhein-Main-Gebiet wird die Lagerung von Atommüll nicht nur gestattet, sondern noch ausgeweitet. Unterstützen wir die Hanauer Bürgerinnen und Bürger in ihrem Widerstand gegen diese Pläne!
Wir sagen Nein zur Atomkraft, Wir sagen Nein zu Atomwaffen, Wir sagen Nein zu Strom aus Atom.

Wir fordern von den politischen Verantwortlichen einen echten und kompletten Ausstieg aus der Atomenergie und klare Maßnahmen zum Einsatz hin zu erneuerbaren Energien.
Wir stehen hier für die Menschen der Präfektur Fukushima.
Wir stehen hier für alle Menschen, die mit den weitreichenden Folgen atomarer Katastrophen leben müssen.
Wir sind an der Seite all deren, die weltweit Widerstand gegen diese nicht beherrschbare Technologie leisten.

Deshalb bitten wir Sie jetzt einen Moment inne zu halten, um all diesen Menschen zu gedenken. Vielen Dank.

Gemeinderätin Sophia Hein / Ortsverbands-Sprecher Volker Goll
für BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN, OV Kahl am Main, 11.3.2018