Haushaltsrede 2018

Rede zum gemeindlichen Haushalt 2018

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Seitz,
verehrte Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kahlerinnen und Kahler

zunächst möchten wir uns bei dem neuen Kämmerer Michael Löffler und der Verwaltung für das umfangreiche Zahlenwerk und die frühestmögliche Bereitstellung des Haushaltsentwurfes bedanken.
Wie in den vergangen Jahren werde ich nicht die Zahlen im Detail wiederholen, da das wesentliche bereits von Herrn Löffler erläutert wurde.
Als wir uns Ende Oktober / Anfang November den Entwurf des Haushaltes 2018 anschauten, stellten wir fest, dass dieser leider kaum Ideen hinsichtlich der Ortsentwicklung beinhaltete, wenngleich auf diese in 2017 ein besonders großer Fokus gelegt wurde – Sei es bei gemeinsamen Ortsbegehungen, BürgerInnen-Beteiligung oder der zweitätigen Gemeinderatsklausur. Der Entwurf war erneut durch den Kanalbau (wegen der Fördermittel) und den damit im gemeindlichen Haushalt beinhaltetem Straßenbau geprägt, der dann natürlich für die Anlieger gemäß Straßenausbausatzung eine finanzielle Beteiligung an den Kosten bedeutet. Sie wissen, dass dies je nach Typ der Straße unterschiedlich ist. Bei reinen Wohnstraßen werden die BürgerInnen stärker herangezogen, da es dort meist nur Anliegerverkehr gibt. Bei den Durchgangsstraßen zahlt die Allgemeinheit einen größeren Anteil  über die erbrachte Steuerlast.

Jetzt hat der Gemeinderat eine finanzielle Erleichterung für die BürgerInnen von Kahl beschlossen. So kann in einer sogenannten Verrentung der BürgerInnenanteil der Ausbaukosten für die Straße auf mehrere Jahre verteilt werden. Zukünftig zu zahlen sind für alle neuen Straßenbauprojekte (für die noch keine Vorausleistung erhoben wurde), Vorausleistungen von 50 %, auf zwei Jahre verteilt (25 % pro Jahr). Der Ausbaubeitrag kann nach der Endabrechnung auf Antrag, unter Berücksichtigung der geleisteten Vorauszahlungen, für eine Laufzeit von 4 Jahren verrentet werden. Die Gesamtlaufzeit beträgt somit maximal 6 Jahre. Die Satzung tritt am 01.01.2018 in Kraft.

Diese Umstellung wird bei Anwendung durch die BürgerInnen der Gemeinde im ersten Jahr  weniger Einnahmen gemäß Straßenausbausatzung bringen. Wir halten Sie aber für vernünftig und für einen guten Kompromiss zwischen der alten und neuen Möglichkeit der Beitragsbescheide. Wir sind froh, dass es uns bei diesem komplexen Thema gelungen ist, die Verrentung auf 6 Jahre festzuschreiben.

Bereits im Vorfeld der Haushaltsberatungen, beantragten wir die Beibehaltung der Teilzeitstelle „Umwelt und Naturschutz, ÖPNV“ mit Ihren Aufgaben im Bereich:

Abfallwirtschaft, Recycling, Umwelt, Naturschutz,
AGENDA-Beirat, öffentlicher Personennahverkehr und vielem mehr.
Eine zeitnahe Ausschreibung und Einarbeitung vor dem Ausscheiden von Frau Holl aus dem aktiven Angestelltenverhältnis ist sinnvoll und daher unbedingt anzustreben. Eine entsprechende Qualifizierung  wie z.B.  Umweltingenieur/in ist Voraussetzung.
 Positiv ist hier anzumerken, dass sich alle Fraktionen darauf verständigen konnten.

Zu den Hinweisschildern:
Als sehr bedauerlich empfinden wir die Ablehnung unseres Antrages Mittel in Höhe von € 15.000,– für ein touristisches Hinweisschild „Kahler Seenplatte“ in den Haushalt 2018 einzustellen. Wurde doch der bereits in 2015 gestellte Antrag in der Sitzung des Gemeinderates vom 23.07.2015 einstimmig angenommen.
Da hier im Rat von einigen KollegInnen der Tourismus, wie von uns GRÜNEN, als zukunftsweisendes Konzept für Kahl gesehen wird, ist das umso unverständlicher.
Ein neuer Antrag zu diesem Thema der eventuell Möglichkeiten aufzeigt, Kosten zu sparen, wird im neuen Jahr folgen.

Kahldaha Schule:
Wir beantragten Mittel in den Haushalt 2018 für die Erstellung eines Konzeptes hinsichtlich eines Neu- oder Umbaus der Kaldahaschule einzustellen. In dem Konzept ist zum Beispiel zu überprüfen, was eine Komplettsanierung der Pavillons kosten wird. Dem ist gegenüber zu stellen was ein Abriss der Pavillons und ein Neubau für  Nachmittags-/Mittagsbetreuung und z. B. der Musikschule kosten würden. Zwecks langfristiger Energieeinsparung  ist eine Null- oder Energieplus-Bauweise zu realisieren.  Hierfür werden Zuschüsse in Aussicht gestellt. Jedem politisch Interessierten dürfte nicht entgangen sein, dass das Thema Energie ein, nein, das Zukunftsthema ist! Namhafte Wissenschaftler, wie z.B. Prof. Dr. Oscar Reutter vom Wuppertaler Institut, zeigen in ihren Arbeiten auf, dass die Initiativen gerade auch von den Kommunen ausgehen müssen.

Auf die Erstellung eines hier skizzierten Konzeptes hatte sich der Ausschuss bereits geeinigt, aufgrund der Dringlichkeit werden für Umbauten im Bereich der Mittagsbetreuung 30.000,- € in den Haushalt eingestellt. Wir machen hier sehr deutlich, dass wir einen wie oben beschriebenen Um- oder Neubau als dringende Aufgabe sehen. Klotzen statt kleckern auch einmal für die Kinder im Grundschulalter. Wir müssen uns bei allen Planungen auch immer bewusst sein, dass wir mit der PGS einen engagierten privaten Schulträger haben. Hinter deren Angebot darf die kommunale Schule nicht zurück stehen. Beim Kindergarten machen wir ja auch Nägel mit Köpfen mit dem Umbau und der Erweiterung des Kindergartens Sonnenschein. Darauf gehen wir später noch einmal näher ein.
Zurück zur Schule – wir wollten die im Haushaltsentwurf vorgesehenen € 130.000,- als Grundstock einer Komplettlösung heranziehen. In den nächsten Jahren wird es vom Gesetzgeber eine Anforderung zur Ganztagsbetreuung geben.  Wir können nicht warten bis  eine umfassendere Betreuung der schulpflichtigen Kinder auch gesetzlich vorgegeben wird.
Die verschiedenen Modelle, offene Ganztagschule, Hort, Mittagsbetreuung, die auch entsprechend gefördert werden, sind zu prüfen.

Im Gemeinderat muss daher dringend eine Diskussion geführt werden, welches Ganztagskonzept wir angehen wollen,  Vor- und Nachteile müssen gegeneinander abgewogen werden. Parallel dazu muss ein, wie oben angeführt, Vergleich  der baulichen Maßnahmen erstellt werden. Erst dann gibt es  eine professionelle Basis  um über Sanierung oder Neubau zu entscheiden. Das wird jetzt auf den Weg gebracht.

Wir legen Wert darauf festzuhalten, dass wir bei einer Sanierung oder einem Umbau der Schule keine Klassenzimmer für die Schule oder Unterrichtsräume für die Musikschule streichen wollen.
Ein entsprechendes Raumkonzept ist pädagogischen Maßstäben und Empfehlungen zu betrachten
und mit der Schulleitung, der Musikschule und der Mittagsbetreuung abzustimmen.

Zum Kindergarten Sonnenschein:
Im Rahmen des Neubaus Kindergarten  wäre uns Grüne ein vierter Standort und der Bau eines kommunalen Kindergartens, bei gleichem Betreiber, lieber gewesen.  Dieser Antrag fand im Ausschuss leider keine Mehrheit. Abweichend von unserer ersten Auffassung finden wir einen Kindergarten mit 148 Kindern im Alter von 1 -6 Jahren in einem Wohngebiet zu groß. Das wird nun mit einem finanziellen Aufwand von 2,5 Mio Euro und vielen Kompromissen möglich. Davon entfallen 641 T€ auf die Sanierung. Vom stetigen Mitspracherecht der Diözese wegen des 20 %-igen Zuschusses ganz abgesehen. Es bleibt eine Sanierung im Altbestand und der nötigen Erweiterung. Die Arbeitsbedingungen für das Personal sind nach unserer Meinung nicht ausführlich genug gewürdigt, z.B. 40 qm Aufenthalts – und Besprechungsraum für dann 20 Mitarbeiterinnen.
 
Zur Festhalle:
Das Thema Festhalle ist in aller Munde. Für uns Grüne ist es  selbstverständlich, dass wir uns in einem Antrag diesem Thema gewidmet haben. Die Verwaltung hatte hier schon vorgearbeitet und bereits einen Haushaltstitel in den Entwurf eingestellt.

Nach unseren Vorstellungen soll, neben dem Brandschutzgutachten geklärt werden was eine Generalsanierung der Festhalle kosten wird. Desweiteren muss ein Konzept erarbeitet werden wie die Halle auch tagsüber zu vermarkten ist. Ob dafür ein Berater beauftragt werden muss kann gemeinschaftlich festgelegt werden. Stichwörter wie Konferenzsaal, Bewirtung, gewerbliche Tagesnutzung etc. müssen untersucht und beziffert werden. Das Ergebnis wird mit dem Gemeinderat und der „BI zur Erhaltung der Festhalle“ in einem öffentlichen Bürgerworkshop  diskutiert.
Die gemeinsamen Anträge aller Fraktionen konnten zusammengeführt werden und so ein deutliches Zeichen für den Weiterbetrieb gesetzt werden.

Sozialwohnungen:
Wir beklagen auch in diesem Jahr den Zustand der gemeindlichen Wohnungen in Mittelweg und Weingartenstraße, da sich hier seit dem letzten Mal nichts zum Positiven verändert hat. In 2018 wurden nur 50% der Mieteinnahmen für mögliche Unterhaltskosten eingestellt. Unser Antrag den Ansatz von 20.000,- auf 100.000,- € zu erhöhen wurde von CSU und SPD abgelehnt. Leider sind wir derzeit die einzige Fraktion in diesem Rat die bezahlbaren Wohnraum für eine gemeindliche Aufgabe hält. Wir geben die Hoffnung nicht auf, dass sich diese Einsicht  bald  in diesem Gremium durchsetzt. Der Deutsche Städtetag, Bau- und Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) und andere fordern das. Kahl kann und soll nicht nur im hochpreisigen Sektor, ermöglicht durch private Investoren, wachsen. Auch die junge Familie, Alleinerziehende, sowie Singles  und Paare jeden Alters müssen die Möglichkeit bekommen in Kahl zu wohnen.

Zur Feuerwehr:
Wir bedanken uns für das unermüdliche Engagement und die gute Jugendarbeit, sowie die Nachwuchsförderung unserer freiwilligen Wehr. Der umfangreiche Bericht des Kommandanten zeigte wie wichtig eine gut ausgestattete und geführte Wehr vor Ort ist. Dennoch konnte der Ausschuss dem Antrag auf eine Festanstellung eines Gerätewarts als volle Stelle, einstimmig, nicht zustimmen. Wir Grüne sind der Meinung, dass Verwaltung und Feuerwehr hier gemeinsam ein zukunftsfähiges Konzept erstellen sollten. Das soll dann Gesprächsgrundlage für weitere Entscheidungen sein.

Zum Bahnhof:
Wir beantragten im Rahmen der Ortsentwicklung II auch, Mittel in der Höhe von € 50.000,–  in den Haushalt 2018 für Maßnahmen rund um das Bahnhofsgelände Kahl am Main einzustellen.
Begründet haben wir unseren Antrag wie folgt:
Der Gemeinderat, sowie viele Bürgerinnen und Bürger, haben bei der Begehung um das Gelände des Kahler Bahnhofes festgestellt, dass einige Maßnahmen erforderlich sind. Allen voran der Barrierefreie Ausbau des Bahnhofes. Aber auch die Verbesserung der P+R-Situation im Westen, die Parksituation auf der Ostseite (KVG), oder der Galgenrain, die Fahrradständer und die alte „Laderampe“ auf der Westseite geben Anlass  von Seiten der Gemeinde tätig zu werden. Viele Ideen wurden hier von den Kolleginnen und Kollegen geäußert und zu Protokoll genommen. Immer wieder wurde von Herrn Wirth (arc grün) betont und von den KollegInnen bestätigt, dass es wichtig sei, an die Bahn adressiert zu signalisieren, dass die Gemeinde Kahl an einem Umbau des Bahnhofes interessiert ist und sich aktiv einbringen wird. Wir sollten also in 2018 beginnen erste Maßnahmen umzusetzen und so ein Zeichen auch an die bayerische Staatsregierung und das Bundesverkehrsministerium  geben.
Der Antrag wurde mit dem der CSU und des AGENDA-Beirates zusammengefasst. Der Beschluss lautet: Die Verwaltung wird beauftragt, einen Vorschlag zu unterbreiten, welcher vorsieht, im Galgenrain den Gehsteig vom Brückenweg bis zur Bahnhofstraße zu entfernen und diese Fläche zu begrünen. Im weiteren Verfahren ist eine Radwegmarkierung zu prüfen.

Zum BRK-Gebäude:
Das von der BRK-Ortsgruppe genutzte Gebäude in der Nachtweide muss saniert werden. Auf unsere Anregung hin, wird nun geprüft, ob eine Fotovoltaikanlage  und / oder Solarthermie dort möglich sind. Wir hatten ja bereits im Zusammenhang mit der Kaldahaschule darauf hingewiesen wie wichtig der Ausbau regenerativer Energiegewinnung  ist. Dazu passt auch unsere Initiative im Werksausschuss, wo wir für den Neubau des sogenannten „Matrahauses“ am  Campingsee als Wasch-, Dusch- und Sanitärgebäude mit Kassenbereich die Anbindung des BHKW-Berliner Straße angeregt und durchgesetzt haben. Dort wird nun, gleichfalls auf unsere Initiative hin, der Einsatz einer Fotovoltaikanlage zur Betreibung einer E-Bike-Ladestation geprüft.

Ortsentwicklung:
Im Bereich der Ortsentwicklung werden 2018 erste Umsetzungen stattfinden. So wird die lange verschobene Hauptstraße, endlich, den Ortskern aufwerten. Auch der Weg am Schulgebäude entlang in die Kahlaue scheint möglich. Der Gemeinderat wird nun auch Bebauungspläne auf den Weg bringen um nicht mehr gemäß § 34 Bay. Baugesetz entscheiden zu müssen. Es wird Zeit hier Klarheit zu schaffen.
Die von uns im Haushalt geforderten 150 T€ für Projekte der Ortsentwicklung finden sich in Teilbeträgen wieder, ein Anfang ist gemacht! Die Umsetzung werden wir aufmerksam und aktiv für Kahl vorantreiben.

Ich habe meine heutigen Ausführungen damit begonnen wie ernüchternd die erste Durchsicht dieses Haushaltentwurfes war. Strikte VERWALTUNG von Zahlen, um den Anforderungen gerecht zu werden.
Wir waren und sind jedoch der Meinung, dass auch bei erschwerten Rahmenbedingungen Raum für Dinge sein muss, die für das Leben in der Gemeinde wichtig sind. Hier ist das aktuelle Großprojekt, die Ortsentwicklung, zu nennen. In Workshops und Begehungen, Einzelhandels – und Verkehrserhebungen sind schon viele Möglichkeiten und auch Defizite erarbeitet worden. Alle zu nennen würde zu weit führen. Doch das was jetzt entsteht darf  bei einer Planung „Kahl in 20 – 30 Jahren“ nicht versanden. Deshalb ist hier von allen Parteien und Gremien Kreativität und Engagement gefordert. Wenn die bisher investierten 80 000 € nicht umsonst gewesen sein sollen ist es nötig stetig weiter an der Umsetzung zu arbeiten und, selbstverständlich, auch Geld dafür in die Hand zu nehmen. Mit dem Büro „arc grün“ hat die Gemeinde Kahl echte Profis engagiert. Auf deren Rat und Vorschläge sollten wir vertrauen. Wir sind der Überzeugung, dass in dieser Legislatur die Weichen für die nächsten zwei Jahrzehnte gestellt werden müssen, damit unsere Nachfolger nicht wieder von vorne beginnen!

In einer sehr konstruktiven Ganztagessitzung konnten wir doch vieles anstoßen und haben damit aus diesem nüchternen Zahlenwerk das ein oder andere Pflänzchen wachsen lassen.
Diese werden wir weiter düngen und stützen bis sie Früchte tragen.

Bedanken möchte ich mich im Namen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen für die gute Zusammenarbeit im vergangen Jahr. Der stets wertschätzende Umgang, auch bei unterschiedlichen Auffassungen sowie der Wille Kompromisse zu schließen hat das Potenzial JETZT etwas Gutes/Großes für Kahl am Main auf den Weg zu bringen.

Obwohl wir bis zur heutigen Beschlussfassung nur ein vorläufiges Protokoll über die Sitzung vom 13.11.2017 vorliegen haben, viele Beschlüsse erst in der Sitzung formuliert und Anträge aus unterschiedlichen Fraktionen zusammengeführt wurden, stimmen wir dem Haushalt zu.

Mit freundlichen Grüßen

Sylvia Hein
Fraktionsvorsitzende Bündnis 90 / Die Grünen
im Kahler Gemeinderat