Massnahmen zur Steigerung der Wahlbeteiligung

Wir stellen folgenden Antrag zur Gemeinderatsitzung am 18. Juli 2017:

 

Maßnahmen zur Steigerung der Wahlbeteiligung

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates,
sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger,

hinter uns liegt die BürgermeisterInnen-Wahl in Kahl, am 24 September 2017 folgt die Bundestagswahl. 2018 steht in Bayern die Landtagswahl an.
Doch die Wahlen in der Vergangenheit haben gezeigt, dass die Wahlbeteiligung kontinuierlich sinkt.
Um einige Zahlen zu nennen: Von 1999 bis 2004 ist die Wahlbeteiligung in Kahl bei der Europawahl von 76,6% auf 45,5% gesunken und hat sich seitdem nicht mehr erholt. Landtagswahlen und Bundestagswahlen haben eine vergleichsweise hohe Beteiligung, während bei der Kommunalwahl 2014 die Wahlbeteiligung nur bei 45,8% lag! Das sind 10% weniger als noch 2008 und zeigt einen deutlichen Trend.
Wir alle müssen an einem Strang ziehen um dem entgegenzuwirken! Hierzu reicht eine „Wahlwerbung“ offenbar nicht, sondern Barrieren müssen aktiv abgebaut und das Angebot an niedrigschwelligen Informationen ausgebaut werden!
Demokratie muss vom Kindesalter an erfahrbar gemacht werden.

Konkrete Maßnahmen zur Steigerung der Wahlbeteiligung in Kahl können sein:
Mindestens 1x jährlich jeweils zwei Tage der offenen Rathaustür. Ein Tag richtet sich gezielt an Kinder und Jugendliche, die in altersentsprechenden Workshops und Debatten die Bedeutung des demokratischen Prinzips von Wahlen kennenlernen. Denkbar sind Filmbeiträge, Diskussionen, interaktives Geschichte-Erleben (Seit wann darf gewählt werden, Frauenwahlrecht, Gefahren für die Demokratie…). So kann auch den jungen Bürgerinnen und Bürgern Kahls verständlich gemacht werden, in welche Bereiche ihres alltäglichen Lebens (Kommunal-)Politik Einfluss nimmt.
Der weitere Tag spricht verstärkt Erwachsene an. Die Themen sind ähnlich dem ebengenannten, alle Interessierten sind dazu eingeladen Prozesse nachvollziehen zu können und dabei festzustellen, wie bedeutsam die Stimme einer jeden Person ist!

Mobilisierung von NichtwählerInnen
Die Bertelsmann-Stiftung beschreibt in ihrem 8-Punkte-Plan zur Steigerung der Wahlbeteiligung (https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/publikation/did/einwurf-sonderausgabe-1-2-2016/), dass Wählen eine soziale Handlung ist und das Pilotprojekte in Deutschland und den Vereinigten Staaten gezeigt haben, dass das persönliche Ansprechen von Menschen (z.B. an der Haustür) einen Anstieg der Wahlbeteiligung von bis zu 10% haben kann und somit eine weitaus höhere Wirksamkeit besitzt als die Kontaktaufnahme per Post oder am Telefon. Dadurch können sich viel mehr Menschen angesprochen und zum Wählen motiviert fühlen. Einige Parteien nutzen Haustürwahlkämpfe – Zur Mobilisierung von NichtwählerInnen bieten sich hier aber Parteienneutrale Gruppen an!

Anpassung der Briefwahl
Statistiken des Bundeswahlleiters (Vgl. Bertelsmann-Stiftung) zeigen, dass der Anteil der UrnenwählerInnen seit 1990 kontinuierlich sinkt während der Prozentsatz an BriefwählerInnen stets ansteigt. Bei der letzten Bundestagswahl haben knapp ein Viertel der Wählenden die Briefwahl genutzt. Solange es in Deutschland auf Landes- und/oder Bundesebene keine Einführung des gesicherten Wählens über das Internet gibt, kann die Wahlbeteiligung durch das standardisierte Senden der Briefwahlunterlagen gesteigert werden. Es muss geprüft werden, ob dies auch in Kahl eine realisierbare Variante sein kann.

Projektarbeit auf Gemeindeebene mit weiteren Kooperationspartnern
Um Politik auf allen Ebenen verständlich und nachvollziehbar zu machen und so auch die Wahlbeteiligung zu steigern, dann bedarf es kreativer Lösungsansätze.
Innerhalb Kahls können vielseitige Projekte angeboten werden – z.B. eine „Erste demokratische Woche“ bei der es an vielen verschiedenen Orten Angebote gibt, die alle Bürgerinnen und Bürger anspricht und teilhaben lässt, etwa Autorenlesungen zu dieser Thematik in der Bibliothek, eine Fotoausstellung im Rathaus, bei der Menschen sagen welche politischen Entscheidungen ihr Leben wie positiv beeinflusst haben, SchülerInnen im Gespräch mit ZeitzeugInnen, die davon berichten wie sie ihre ersten freien Wahlen erlebt haben oder gemeinsame Projekte mit Menschen aus anderen Ländern, die davon erzählen, wie Wahlen in ihrem Land sind, bzw. ob diese überhaupt stattfinden.
Zielsetzung ist ein breiteres Verständnis, ein nachhaltiges Schaffen von erfahrbarer Selbstwirksamkeit!

Dies alles sind Maßnahmen und Ideen, gleich eines Brainstormings. Ich sehe es als unsere Verantwortung in diesem Gemeindeparlament Konzepte zu entwickeln um alle Menschen zu erreichen und so als Beispiel gelebter Demokratie und transparenter Entscheidungsprozesse voranzugehen.
Wir beantragen die Bildung eines parteiübergreifenden Arbeitskreises zur Erarbeitung und Umsetzung von Maßnahmen. Dafür sollen entsprechende Gelder im Haushalt 2018 zur Verfügung gestellt werden. Des Weiteren bitten wir um eine möglichst detailreiche Analyse(beispielweise Altersstruktur) der vergangenen Wahl, um festzustellen welche Menschen welchen Alters mehrheitlich nicht wählen gegangen sind, um diese künftig gezielter zu erreichen.
Ich bitte Sie diesem Antrag zuzustimmen und darüber hinaus gemeinsam ins Gespräch zu kommen zur gemeinschaftlichen Entwicklung von Ansätzen und Strategien.

Mit freundlichen Grüßen,

Sophia Hein

Gemeinderätin Bündnis 90 / Die Grünen