Stellungnahme GR Beschluss Gewerbegebiet Lange Hecke 2

Bilder der Ortsbegehung Sturmschäden Lange Hecke mit Toni Hofreiter

„Sturz in die Rezession“

So titelt die Süddeutsche Zeitung am 20. März 2020. Wer soll also in Kahl in den nächsten Jahren investieren und dort einen Betrieb (auf)bauen? Wir glauben, dass die CSU hier die wirtschaftliche Lage der Bundesrepublik Deutschland – nach der Coronakrise überschätzt. Ja, wir werden alle nicht wissen, wann und wie diese Krise enden wird – aber sicherlich nicht mit  einem schnellen Wachstum der Wirtschaft und Investitonen in neue Standorte. Wenn Unternehmen derzeit Investitionen vornehmen, dann sind das Renovierungen von bestehenden Produktionsstätten, die wegen der zuletzt guten Konjunktur nicht gemacht werden konnten, weil die Produktion nicht gestoppt werden sollte.
Auch aus ökonomischen Gründen ist also eine weitere Betonierung von Waldflächen nicht sinnvoll und somit abzulehnen.
Speziell in Kahl und Umgebung gibt es so viel Leerstand an Industrie- / Gewerbefläche (siehe Alzenau), was der Neuausweisung „Lange Hecke 2“ entgegensteht. Was passiert, wenn eine Gewerbefläche, insbesondere mit  sehr guter Verkehrsanbindung ohne Bedarf erschlossen wird, ist gerade in Stockstadt gut zu sehen. Dort wurden am Ortsrand bis zur B27 Straßen gebaut und Grundstücke erschlossen, die bis auf wenige Ausnahmen (noch) nicht bebaut sind. Nun ist dort ein wilder LKW-Parkplatz entstanden. Hier übernachten Fernfahrer (teilweise über das gesamte Wochenende) ohne Toiletten, Waschgelegenheiten und ausreichende Abfalleimer. Das ist zum großen Ärgernis für die Anwohner/innen geworden. Die Gemeinde will keine Toiletten und Abfalleimer aufstellen, um das nicht faktisch zu legalisieren und noch mehr LKWs anzulocken. Die Polizei unternimmt nichts, weil ja jeder weiß, dass nicht genügend Rastplätze für Pflichtpausen der Kraftfahrer*innen zur Verfügung stehen. Ähnlich ist das im Industriegebiet Alzenau Süd, in den Teilen mit Leerstand/Baulücken.

Diese Gefahr sehen wir auch für ein Gewerbegebiet „Lange Hecke 2“. Illegale Parkplätze bringen keine Gewerbesteuer und schaffen auch keine Arbeitsplätze. Die Auswirkungen für die Kahler*innen sind negativ. Schlechte Luft statt Wald. Lärm und Abgase statt Erholung und Freizeit. Versiegelung von Flächen statt Schaffung von Frischluft-Schneisen.

Ein weiterer Punkt ist der, den wir auch schon in unserer E-Mail an die CSU- und SPD-Fraktionsvorsitzenden erwähnt haben. Wir werden als Gemeinde   das Geld für Folgekosten des Coronavirus brauchen. Statt also sinnlos Geld in eine Umwidmung eines Waldes in ein Gewerbegebiet auszugeben – sollten wir das Geld z. B. den Bürger*innen und Bürgern zur Verfügung stellen, denen die Kigagebühren „zu schaffen machen“ weil die Familie von Kurzarbeit betroffen ist. Alleinerziehende müssen ihre Kinder zuhause betreuen – der Verdienst fällt weg. Die Christlich Soziale Union sollte hier den Ansatz ihrer Politik sehen – wir GRÜNE tun das – und nicht auf ein Gewerbegebiet pochen, für das es keine Interessenten gibt und unserer Einschätzung nach auch die nächsten Jahre nicht geben wird.
Wenn unsere größten Konzerne aus der Automobilindustrie straucheln, wenn die „..starken Einschränkungen des öffentlichen Lebens viele kleine Firmen in die Pleite treiben, werden Bund und Länder dagegenhalten.“ (SZ) Aber wie immer, so auch in einer Krise wie dieser, werden wir als Gemeinde für die Menschen da sein müssen um deren Leid und alle anderen Gegebenheiten zu lindern – das ist doch die Gemeinschaft, der Zusammenhalt und der soziale Aspekt dabei! Dafür gilt es Gelder bereit zustellen und nicht für ein ökonomisch wie ökologisch mehr als fragwürdiges Projekt.
Hinzu kommt, dass es natürlich nicht bei den 30.000,- € bleiben wird, Umlegungskosten, Aufkauf von Flächen die in Privater Hand sind, Kanal- und Straßenbau – also Erschließungskosten. All diese Kosten werden in die Hunderttausende gehen. Ohne, dass auch nur ein Gewerbebetrieb dort Investitioninteresse hat. Auch den erwarteten Gewerbesteuersegen sehen wir nicht, denn die Investitonen der Firmen werden erst einmal die Gewinne zumindest reduzieren  oder ganz „aufbrauchen“.  Wir bekamen  im Jahr 2019 ca. 1,6 Mio. Euro an Schlüsselzuweisungen vom bayerischen Staat. Das ist ein Ausgleich für „entgangene“ Gewerbesteuer. Auf die Gewerbesteuer müssen wir Kreisumlage von mehr als 40 % zahlen. Das bedeutet, wir müssen also Gewerbesteuereinnahmen von rund 2,2 Mio. € einnehmen um unsere derzeitigen Schlüsselzuweisungen „zu verdienen“. Ein Unterfangen, dass unseres Erachtens unmöglich ist. Warum also Gewerbe statt Wald?

Jetzt möchten wir noch den ökologischen Aspekt beleuchten.

Die CSU spricht von einem „minderwertigen Wald“!?! Worauf stützt sich diese Aussage? Förster Schiller hatte einmal eine ältere Forstkarte gezeigt in dem der Wald an der Langen Hecke als besonders schützenswert gekennzeichnet war. Kahl ist durch seine geografische Lage und geologischen Untergrund besonders heiß und trocken, was sich durch die menschengemachten Klimakrise erblich verstärken wird. Deshalb ist jedes Stück Waldfläche wertvoll, um das Kleinklima zu verbessern. Auch Waldflächen mit nur jungen Bäumen und Sträuchern tragen zur Verbesserung der Luft, z.B. durch Regulierung der Luftfeuchtigkeit bei. Das führt wegen der latenten Wärme der Feuchtigkeit (Verdunstungskälte) zur Begrenzung der Hitze bei. Asphaltierte Straßen und Flächen dagegen wandeln Sonnenstrahlen in Wärme um und sorgen für einen zusätzlichen Temperaturanstieg.
„Allein in Bayern beträgt die Zunahme versiegelter Fläche durchschnittlich 44,7 qkm pro Jahr, das entspricht der halben Fläche des Chiemsees! Mittlerweile hat auch die Bayerische Staatsregierung (CSU/Freie Wähler) das Problem endlich erkannt und will dem massiv begegnen. Scheinbar ist das aber noch nicht bis in die eigenen Ortsverbände vorgedrungen.“

und 

„Eine Woche vor der Kommunalwahl verteilte die Kahler CSU Werbeflyer, in dem sie für ihre zukünftige Umweltpolitik mit Sätzen wie: „Wiederherstellung, Beibehaltung … der Kahler Wälder“, „Erhalt einer vielfältigen Tier- und Pflanzenwelt, nachhaltige Aufforstung der Kahler Wälder“ oder „Schutz von Natur und Umwelt“ geworben hat. Aus der gleichen Woche datiert auch der nun vorliegende Antrag an den Gemeinderat! Wer mit solchen falschen Versprechungen auf Wählerfang geht, muss sich zu Recht den Vorwurf des Bruches von Wahlversprechen gefallen lassen!“

Übrigens hat auch die SPD damit geworben (falls sie dem CSU-Antrag zustimmen will): „Wald – Kahl wird wieder grün. Zeitnah mit Aufforstung des Gemeindewaldes beginnen.“

Bündnis 90 / DIE GRÜNEN
Ortsverband und Fraktion Kahl am Main